Eine Ausnahmesenatorin: Hilde Obermair-Schoch
Hilde Obermair-Schoch ist eine engagierte Frau – vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie setzt sich dafür ein, dass Frauen Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Beim Wiederaufbau in der Bundesrepublik nach 1945 packt sie beherzt mit an und hilft dabei, den Paritätischen in Bayern schnell wieder zum Laufen zu bringen.
Ritterstochter und Volkswirtin
Hilde Schoch wird am 25. Juni 1897 in Neu-Ulm geboren.[1] Ihr Vater ist Offizier. Seine Karriere führt die Familie erst nach München, dann nach Nürnberg. Gustav Schoch arbeitet unter anderem im Kriegsministerium. Für seine Arbeit wird er mit dem Titel „Ritter von Schoch“ ausgezeichnet.[2]
Mit 18 Jahren macht Hilde Schoch in Nürnberg Abitur. Die drei Schwestern Marianne, Hilde und Otti Schoch haben unterschiedliche Interessen: Marianne wird Sängerin, Hilde studiert Volkswirtschaft. Beide gehen dazu nach München.[3] Hier wird Hilde Schoch auch nach ihrem Studium viele Jahre verbringen. Sie wird ein wichtiger Teil der bürgerlichen Frauenbewegung werden.
Bildung und Arbeit für Mädchen und Frauen
1920, nach fünf Jahren Studium, promoviert Hilde Schoch mit einer Arbeit über „Die bayerischen Hypothekenbanken 1914-1918“. Auch auf andere Weise beschäftigt sie sich jetzt mit wirtschaftlichen Themen: Sie ist schon seit einem Jahr Geschäftsführerin des Vereins für Fraueninteressen. Ein Jahr später, 1921, übernimmt sie zusätzlich die Leitung der Auskunftsstelle für Frauenberufe, die der Verein betreibt.[4] Sie ist außerdem Mitglied in der Vereinigung der Akademikerinnen.
Hilde Schoch ist es sehr wichtig, dass Mädchen und Frauen Zugang zu Bildung und Arbeitsmöglichkeiten bekommen. Dabei hat sie auch Fabrikarbeiterinnen im Blick: Sie setzt sich für den Ausbau von Berufsschulen und für Arbeitsschutz und Hygiene in den Fabriken ein. Dazu schreibt sie Artikel in Zeitungen und hält Vorträge.[5] Sie unterrichtet auch selbst an einer Handelsschule für Mädchen.[6] Hier lehrt sie Sozialkunde. 1925 wird Hilde Schoch Zweite Vorsitzende des Vereins für Fraueninteressen.
Vorsitzende des Vereins für Fraueninteressen
1929 stirbt Luise Kiesselbach. Ihr überraschender Tod bedeutet einen tiefen Einschnitt – für die bayerische Frauenbewegung und für Hilde Schoch. Sie tritt Luise Kiesselbachs Nachfolge an und wird Erste Vorsitzende des Vereins für Fraueninteressen. Auch auf ganz andere Weise ist 1929 ein besonderes Jahr für Hilde Schoch: Sie heiratet Dr. Max Obermair. Der arbeitet als Rechtsanwalt bei einer Bank. Fünf Jahre später wird ihr gemeinsamer Sohn Gustav geboren werden.
1935 gibt Hilde Obermair-Schoch „aus Gesundheitsrücksichten“ den Vereinsvorsitz ab.[7] Kurz darauf wird der Verein für Fraueninteressen Teil der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt.
Wiederaufbau
Während des Zweiten Weltkriegs zieht Hilde Obermair-Schoch nach Füssen im Allgäu. Wie genau es dazu kommt, wird später nicht mehr nachzuvollziehen sein. Ihr Mann stirbt 1948. Die Witwe und alleinerziehende Mutter konzentriert ihre Kräfte in der Nachkriegszeit darauf, Frauen wieder zu organisieren und Hilfsstrukturen für Vertriebene zu schaffen. Anfang der 1950er Jahre zieht sie zurück nach München. Sie wird zu einer der treibenden Kräfte hinter dem Wiederaufbau des Paritätischen in Bayern. 1953 wird sie Vorstandsmitglied und Referentin für Sozialarbeit im Verband.
Auch außerhalb des Paritätischen ist Hilde Obermair-Schoch eine angesehene Expertin: 1958 wird sie von den Wohltätigkeitsorganisationen Bayerns in den Bayerischen Senat entsandt. Der ist eine bayerische Besonderheit: Er soll die politischen Parteien bei der Regierung beraten und kontrollieren. Hilde Obermair-Schoch ist erst die dritte Frau, die in den Bayerischen Senat einzieht. Sie wird auch auf lange Sicht eine Ausnahmeerscheinung bleiben: 1999 wird der Bayerische Senat abgeschafft werden. Unter den insgesamt 317 Senatsmitgliedern werden bis dahin nur 17 Frauen gewesen sein.[8]
Hilde Obermair-Schoch bleibt 5 Jahre lang Senatorin. Sie stirbt 1970, mit 73 Jahren.
Quellen und Literatur
Quellen:
- Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, ED 898/585, Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen und Frauenarbeit E.V. München in der Zeit vom 1.10.1934 bis 31.12.1935.
- O. A.: General Gustav von Schoch, in: Münchner Neueste Nachrichten, 7.5.1924, S. 3.
- Schoch, Hilde: Berufs-Fortbildungsschulen für Mädchen in Bayern, Teil 2, in: Frauen-Zeitung. Münchner Neueste Nachrichten, 8.2.1925, S. 21.
- W. U.: Bayer. Frauentag (Schluss), in: Frauen-Zeitung. Münchner Neueste Nachrichten, 1.6.1928, S. 23.
Literatur:
- Schmöger, Helga (Hg.): Der bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch, 1947-1997, Düsseldorf 1998.
- Schmöger, Helga (Hg.): Der bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch 1998-1999. Ergänzungsband, München 2001.
- Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994.
Einzelnachweise
- ↑ Diese und alle folgenden nicht anderweitig gekennzeichneten Angaben über Hilde Obermair-Schochs Biografie basieren auf Schmöger, Helga (Hg.): Der bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch, 1947-1997, Düsseldorf 1998, S. 232.
- ↑ Vgl. o. A.: General Gustav von Schoch, in: Münchner Neueste Nachrichten, 7.5.1924, S. 3.
- ↑ Die Namen der Schwestern finden sich in einer Todesanzeige für Gustav Ritter von Schoch, in: Münchner Neueste Nachrichten, 7.5.1924, S. 12. Die Sängerin Marianne Schoch wird in der Münchner Presse der 1920er Jahre immer wieder erwähnt.
- ↑ Vgl. Dr. Hilde Obermair-Schoch. 1. Vorsitzende 1929-1935, in: 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994, S. 99.
- ↑ Vgl. bspw. Schoch, Hilde: Berufs-Fortbildungsschulen für Mädchen in Bayern, Teil 2, in: Frauen-Zeitung. Münchner Neueste Nachrichten, 8.2.1925, S. 21; W. U.: Bayer. Frauentag (Schluss), in: Frauen-Zeitung. Münchner Neueste Nachrichten, 1.6.1928, S. 23.
- ↑ Vgl. Dr. Hilde Obermair-Schoch. 1. Vorsitzende 1929-1935, in: 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994, S. 99.
- ↑ Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, ED 898/585, Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen und Frauenarbeit E.V. München in der Zeit vom 1.10.1934 bis 31.12.1935, S. 2.
- ↑ Vgl. Schmöger, Helga (Hg.): Der bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch 1998-1999. Ergänzungsband, München 2001, S. 127 f.
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