Der letzte Verbandsvorsitzende vor der Auflösung: Albrecht Freiherr von Pechmann
Albrecht von Pechmann ist eine spezielle Figur in der Geschichte des Paritätischen in Bayern: Kurz nachdem der Offizier den Vorsitz des Verbandes übernimmt, wird der in die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt überführt. Es ist das vorläufige Ende der Paritätischen Wohlfahrtsarbeit in Bayern – und ganz Deutschland.
Karriere in der Reichswehr
Im Leben von Albrecht Otto Friedrich Wilhelm Freiherr von Pechmann, geboren am 11. Juli 1879 in Würzburg, deutet lange nichts darauf hin, dass er einmal eine bedeutende Rolle in der Wohlfahrtspflege einnehmen wird. Direkt nach dem Abitur tritt er ins Militär ein.[1] Es ist der Beginn einer ruhmreichen Karriere.
Als im Sommer 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, ist Albrecht von Pechmann 35 Jahre alt. Er ist Familienvater und Offizier. Am 2. August 1914 zieht sein Feldartillerie-Regiment an die Front.[2]
Albrecht von Pechmann verbringt gut vier Jahre im Krieg. Er erhält Auszeichnungen und steigt innerhalb des Heeres immer weiter auf. Nach Kriegsende setzt er seine Karriere in München fort. Am 1. Oktober 1929 wird er Stadtkommandant.[3] Formal ist er jetzt für die innere Sicherheit der Stadt verantwortlich. Praktisch bedeutet seine neue Position vor allem, dass er Militärparaden organisiert. Albrecht von Pechmann beweist dabei „seine liebenswürdige Art zu repräsentieren“ und wird „im Münchner Gesellschaftsleben […] überall zum gern gesehenen Gast“.[4]
Ein neues Betätigungsfeld?
Im Januar 1931 beendet Albrecht von Pechmann seinen aktiven Militärdienst.[5] Der 51-Jährige widmet sich jetzt dem Bayerischen Kriegerbund, dem er seit 31 Jahren angehört.[6] In diesem Verband sind über 4.200 Vereine mit insgesamt rund 375.000 Mitgliedern organisiert.[7] Es sind vor allem Veteranen, sogenannte Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene gefallener Soldaten.[8]
Am 22. Mai 1932 wird Albrecht von Pechmann Zweiter Präsident des Kriegerbundes.[9] Wenige Wochen später, am 2. Juli 1932, wählt die Generalversammlung des Paritätischen in Bayern ihn einstimmig zum geschäftsführenden Vorsitzenden.[10] Wie es dazu kommt, ist unklar: Im Nachhinein wird es keine nachweisbaren Verbindungen zwischen Pechmann und dem Paritätischen geben, die der Wahl vorausgehen.
Auf den Bayerischen Kriegerbund wirkt sich die neue Position seines Zweiten Präsidenten offenbar positiv aus: Bald beginnen Landschaftsarbeiten auf dem Gelände des Kriegerbundes am Schloss Schwindegg. 20 bis 40 Männer arbeiten hier fünf Monate lang am Schlossweiher und sind währenddessen in einem geschlossenen Lager untergebracht. Die Arbeiten finden im Rahmen des sogenannten Freiwilligen Arbeitsdienstes statt – organisiert vom Paritätischen.[11]
Für den Wohlfahrtsverband bedeutet der Führungswechsel den Anfang vom Ende. Am 29. April 1933 übernimmt Albrecht von Pechmann auch den Vorsitz des Paritätischen Reichsverbandes.[12] Ein gutes Jahr später wird der Verband aufgelöst.
Militärkarriere im Nationalsozialismus
Damit beendet Albrecht von Pechmann seinen Ausflug in die Welt der Wohlfahrtspflege. Im Mai 1934 wird er Stabsführer im Deutschen Reichskriegerbund und in der SA-Reserve. 1937 tritt er in NSDAP und SS ein.[13] Später wird er angeben, Mitläufer gewesen zu sein und in der SS niemals Dienst getan zu haben. Zum SS-Oberführer sei er nur „ehrenhalber“ ernannt worden.[14] Im Zweiten Weltkrieg ist Albrecht von Pechmann unter anderem in Rumänien im Einsatz. Wieder wird er für seine militärischen Leistungen mehrfach ausgezeichnet.[15]
Nach Kriegsende kommt Albrecht von Pechmann in ein US-amerikanisches Internierungslager. 1948 wird der mittlerweile 68-Jährige wegen schwerer Krankheit freigelassen.[16] Er stirbt wenig später, am 11. Januar 1949, in Bad Nauheim.[17]
Quellen
- Bundesarchiv, R9361-III/547017, SS-Offiziers-Personalakte Albrecht Freiherr von Pechmann, 1937-1944.
- O. A.: Der neue Münchner Stadtkommandant, in: Illustrierter Sonntag, 22.9.1929, o. S.
- O. A.: Tagung des Kriegerbundes, in: Fürstenfeldbrucker Zeitung, 24.5.1930, o. S.
- O. A.: Wechsel in der Münchner Stadtkommandantur, in: Illustrierter Sonntag, 25.1.1931, o. S.
- O. A.: Mitteilungen des geschäftsführenden Vorstandes. Der Freiwillige Arbeitsdienst im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, in: Nachrichtenblatt des Fünften Wohlfahrtsverbands (1933) Heft 3, S. 20.
- O. A.: Mitteilungen des geschäftsführenden Vorstandes. Vorstandssitzung am 29. April 1933, in: Nachrichtenblatt des Fünften Wohlfahrtsverbands (1933) Heft 3, S. 20.
- Stadtarchiv Bad Nauheim, Auszug aus dem Sterberegister der Stadt Bad Nauheim vom 11.1.1949, Nr. 13.
- Staatsarchiv München, Akte NSDAP 1471, Akten der NSDAP über Aufbau des Arbeitsdienstes und Errichtung von Stammlagern (Rundschreiben), 1933-1945.
- Staatsarchiv München, SpkA K 1299 v. Pechmann Albrecht, Akten der Spruchkammer München zum Fall Albrecht von Pechmann, 1947-1948.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. BArch R9361-III/547017, SS-Offiziers-Personalakte Albrecht Freiherr von Pechmann, 1937-1945.
- ↑ Vgl. ebd.
- ↑ Vgl. ebd.
- ↑ O. A.: Der scheidende Stadtkommandant, in: Münchner Neueste Nachrichten, 21.1.1931.
- ↑ Vgl. O. A.: Wechsel in der Münchner Stadtkommandantur, in: Illustrierter Sonntag, 25.1.1931, o. S.
- ↑ Vgl. Vgl. BArch R9361-III/547017.
- ↑ Vgl. O. A.: Tagung des Kriegerbundes, in: Fürstenfeldbrucker Zeitung, 24.5.1930, o. S.
- ↑ Vgl. ebd.
- ↑ Vgl. BArch R9361-III/547017.
- ↑ Vgl. O. A.: Nachrichten aus den Landesverbänden. Landesverband Bayern, in: Nachrichtenblatt des Fünften Wohlfahrtsverbandes (1932) Heft 4, S. 27-28.
- ↑ Vgl. O. A.: Mitteilungen des geschäftsführenden Vorstandes. Der Freiwillige Arbeitsdienst im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, in: Nachrichtenblatt des Fünften Wohlfahrtsverbands (1933) Heft 3, S. 20.
- ↑ Vgl. O. A.: Mitteilungen des geschäftsführenden Vorstandes. Vorstandssitzung am 29. April 1933, in: Nachrichtenblatt des Fünften Wohlfahrtsverbands (1933) Heft 3, S. 20.
- ↑ Vgl. BArch R9361-III/547017.
- ↑ Vgl. StAM SpkA K 1299 v. Pechmann Albrecht, Akten der Spruchkammer München zum Fall Albrecht von Pechmann, 1947-1948.
- ↑ Vgl. BArch R9361-III/547017.
- ↑ Vgl. StAM SpkA K 1299 v. Pechmann Albrecht.
- ↑ Vgl. StdA Bad Nauheim, Auszug aus dem Sterberegister der Stadt Bad Nauheim vom 11.1.1949, Nr. 13.
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