Die „kleine Frau mit dem gewaltig großen Herzen“: Betty Geiling

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Betty Geiling baut in den 1960er Jahren den ersten Bezirksverband des Paritätischen in Bayern mit auf und begleitet ihn jahrzehntelang als Geschäftsführerin. In Unterfranken kann sie in dieser Zeit einiges bewegen.


Eine unbekannte Jugend

Betty Geiling wird am 9. März 1926 in Gelchsheim bei Würzburg geboren. Als der Zweite Weltkrieg endet, ist sie 19 Jahre alt. Auch wenn Betty Geiling in Zukunft viele Interviews geben wird, wird sie über ihre Kindheit und Jugend kaum sprechen. Eine spätere Weggefährtin wird sich später daran erinnern, dass da „ein Kriegsschicksal“ war: „Ich glaube, ihr Verlobter ist gefallen. Aber [...] man hat über die Kriegszeit damals nicht gesprochen.“

Nachkriegsjahre

Die ersten Jahre nach dem Krieg verbringt Betty Geiling damit, Geflüchteten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten zu helfen, die jetzt in ihrer Heimatregion ankommen. Unterfranken ist plötzlich Grenzland zwischen Ost und West. Ende der 1940er Jahre übernimmt Betty Geiling die Leitung eines Kindergartens in Schweinfurt. Knapp 10 Jahre lang arbeitet sie in verschiedenen Städten als Erzieherin. Zuletzt leitet sie eine Kindertagesstätte in Hannover.

Aber es zieht sie zurück nach Unterfranken. Die Umstände werden später im Dunkeln liegen. Klar ist: 1957 erhält Betty Geiling von den örtlichen Behörden und dem Paritätischen in Bayern einen Auftrag. Die 31-Jährige soll sich um die Menschen im Flüchtlingslager Gelchsheim kümmern. Dabei geht es nicht um Fürsorge im materiellen Sinn. Die haben die kirchlichen Verbände übernommen. Betty Geiling soll die Menschen sozialpädagogisch betreuen. Durch Bildungsangebote sollen die „negativen Erscheinungsbilder und Verhaltensweisen von ‚Lagerleuten‘ in Massenlagern“ verhindert werden.

Die Kreisgruppe entsteht

Der Paritätische in Bayern sitzt in München. In Unterfranken gibt es viele Mitgliedsorganisationen des Verbands. Aber: „Sie haben untereinander kaum Kontakt.“ Viele der Mitarbeitenden der Mitgliedsorganisationen wissen gar nicht, dass sie zum Verband gehören. Er ist kaum bekannt. Im Herbst 1963 wird in Würzburg die erste Kreisgruppe des Paritätischen in Bayern ins Leben gerufen. Betty Geiling wird Geschäftsführerin. Sie arbeitet ja schon seit Jahren in Unterfranken für den Paritätischen in Bayern. Monate bevor im November 1964 die offizielle Gründungsversammlung stattfinden kann, beginnt die Kreisgruppe mit ihrer Arbeit. Sie hat Vorbildcharakter: Auch in München und Augsburg werden bald eigene Kreisgruppen des Paritätischen in Bayern gegründet.

Betty Geiling wird später erzählen: „Mit der Gründung der ‚Kreisgruppe‘ in Würzburg für Unterfranken begann das Aufhorchen. Die unterschiedlichen Initiativen wurden miteinander bekannt, informierten sich und erklärten ihre Bereitschaft auf Bezirksebene im Paritätischen mitzuwirken.“ 1968 wird eine erste Außenstelle Schweinfurt eingerichtet. 1976 entsteht eine weitere in Aschaffenburg.

„Geachtet und geliebt“

Andrea Müller-Stoy ist Referentin für Frauen und Familie im Paritätischen in Bayern, als sie Betty Geiling in den 1980er Jahren kennenlernt. Ihr Eindruck von der Geschäftsstelle in Würzburg: „Die Kreisgruppe hatte Wohnzimmercharakter“ – es herrscht Wohlfühlatmosphäre. Über Betty Geiling selbst wird sie später sagen: „Ich habe sie geachtet und geliebt.“

Betty Geiling gibt immer wieder Interviews und wirbt für Unterstützung. Aber sie hat auch schwierige Seiten: Mit den deutschen Grenzen nach 1945 ist sie offenbar nicht einverstanden. Noch 31 Jahre nach Kriegsende setzt sie den Ländernamen „Polen“ in Anführungszeichen und nennt das Land lieber „die polnisch besetzten Gebiete“. In der Öffentlichkeit ist das kein Thema. In der Lokalzeitung werden Betty Geiling Geburtstage gerne zum Anlass genommen, sie zu porträtieren – auch als sie schon im Ruhestand ist. Betty Geiling stirbt 2021 im Alter von 95 Jahren.

Quellen und Literatur

Einzelnachweise


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