„Jetzt gibt es keine Fraueninteressen, jetzt gibt es nur eine gemeinsame Not“: Die Wiedergründung des Paritätischen in Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg: Unterschied zwischen den Versionen

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''Den Paritätischen in Bayern gibt es nur 10 Jahre lang, bevor er im Nationalsozialismus aufgelöst wird. Nach Kriegsende kann die Arbeit des Verbands sofort wieder aufgenommen werden. Zu verdanken ist das vor allem den engagierten Frauen des Vereins für Fraueninteressen.''
''Den Paritätischen in Bayern gibt es 10 Jahre lang, bevor er im Nationalsozialismus aufgelöst wird. Nach Kriegsende kann die Arbeit des Verbands sofort wieder aufgenommen werden. Zu verdanken ist das vor allem den engagierten Frauen des Vereins für Fraueninteressen.''
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==Wieder Ausgangspunkt: Der Münchner ''Verein für Fraueninteressen''==
==Erneuter Anfangspunkt: Der Münchner ''Verein für Fraueninteressen''==


8. Mai 1945: Die Wehrmacht hat kapituliert, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Bayern wird vorerst vom US-amerikanischen Militär verwaltet. Für den Verein für Fraueninteressen bedeutet das: Die Arbeit kann endlich weitergehen. Der Verein wurde im Nationalsozialismus nicht [[Vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zur Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt|aufgelöst]]. Ihm wurden aber alle seine sozialen Einrichtungen abgenommen.<ref>Vgl. Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994, S. 63 f.</ref> Der Verein ist für seine Mitglieder nur noch „eine letzte geistige Zuflucht gewesen [...], in deren Schutz man sich durch offene Aussprache das Herz erleichtern konnte“.<ref>Im Original „in dessen Schutz“, s. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 64.</ref> Politische oder fürsorgliche Arbeit hat er nicht leisten dürfen. Der einzige Vorteil daran: In dieser Zeit wurde kein Geld ausgegeben. Die Einnahmen der Milchkioske, die der Verein betreibt, wurden über viele Jahre angespart.<ref>Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 85.</ref>
8. Mai 1945: Die Wehrmacht hat kapituliert, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Bayern wird vorerst vom US-amerikanischen Militär verwaltet. Für den [[Ein Netzwerk engagierter Frauen: Der Verein für Fraueninteressen und das Umfeld des Paritätischen in Bayern|''Verein für Fraueninteressen'']] bedeutet das: Die Arbeit kann endlich weitergehen. Der Verein wurde [[Vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zur Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt|im Nationalsozialismus]] nicht aufgelöst. Ihm wurden aber alle seine sozialen Einrichtungen entzogen.<ref>Vgl. Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994, S. 63 f.</ref> Der Verein ist für seine Mitglieder nur noch „eine letzte geistige Zuflucht gewesen [...], in deren Schutz man sich durch offene Aussprache das Herz erleichtern konnte“.<ref>Im Original „in dessen Schutz“, s. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 64.</ref> Politische oder fürsorgliche Arbeit hat er nicht leisten dürfen. Der einzige Vorteil daran: In dieser Zeit wurde kein Geld ausgegeben. Die Einnahmen der Milchkioske, die der Verein betreibt, wurden über viele Jahre angespart.<ref>Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 85.</ref>


Mit dem Ende des Nationalsozialismus steht im Verein für Fraueninteressen ein Führungswechsel an. Zehn Jahre lang war Gisela Mauermayer-Schmidt Vorsitzende. Gleichzeitig war sie Mitglied der NSDAP. Das hat dazu beigetragen, dass die Auflösung des Vereins verhindert werden konnte.<ref>Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 63.</ref> Erste und zweite Vorsitzende werden jetzt Julie Gräfin Bothmer und [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]].<ref>Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 65.</ref> Die beiden Frauen setzen sich sofort dafür ein, dass auch der Paritätische in Bayern seine Arbeit wieder aufnehmen kann. Die [[Ein Netzwerk engagierter Frauen: Der Verein für Fraueninteressen und das Umfeld des Paritätischen in Bayern|enge Verbindung]] zwischen dem ''Verein für Fraueninteressen'' und seinem Dachverband ist ungebrochen.
<br>[[Datei:Milchkiosk 1929.jpg|800px|mini|zentriert|<center>In seinen sogenannten Milchkiosken verkauft der ''Verein für Fraueninteressen'' Milch und Buttermilch in Gläsern, Kakao, Kaffee, Tee, Joghurt, Butterbrote, Würstchen, Pudding, Waffeln und Eiscreme.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/585, Archiv des Vereins für Fraueninteressen, Korrespondenz vor 1945, Teil 1, 1933-1936, Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen und Frauenarbeit E.V. München 1. Oktober 1932 bis 30 September 1933, S. 9.</ref> Das ist eine wichtige Einnahmequelle für den Verein. Dieses Foto zeigt seinen Milchkiosk am Isartorplatz im Januar 1929.<ref>StdA München, DE-1992-FS-NL-PETT1-1361, Isartorplatz, 10.1.1929, [https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/deed.de CC BY-ND 4.0 DEED].</ref></center>]]<br>
 
Mit dem Ende des Nationalsozialismus steht im ''Verein für Fraueninteressen'' ein Führungswechsel an. Zehn Jahre lang war Gisela Mauermayer-Schmidt Vorsitzende. Gleichzeitig war sie Mitglied der NSDAP. Das hat dazu beigetragen, dass der Verein nicht aufgelöst wurde.<ref>Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 63.</ref> Erste und zweite Vorsitzende werden jetzt Julie Gräfin Bothmer und [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]].<ref>Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 65.</ref> Die beiden Frauen setzen sich sofort dafür ein, dass auch der Paritätische in Bayern seine Arbeit wieder aufnehmen kann. Die [[Ein Netzwerk engagierter Frauen: Der Verein für Fraueninteressen und das Umfeld des Paritätischen in Bayern|enge Verbindung]] zwischen dem ''Verein für Fraueninteressen'' und seinem Dachverband ist ungebrochen.


==Der organisatorische Wiederaufbau beginnt==
==Der organisatorische Wiederaufbau beginnt==


Weil so viel durch den Krieg zerstört wurde, ist es schwierig, von einer Stadt in die andere zu kommen. Deswegen soll der „Wiederaufbau“ des Paritätischen in Bayern zuerst in München stattfinden.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Marie Gräfin Bothmer an Karl Scharnagl, 24.7.1945.</ref> Am 24. Juli schreibt Gräfin Bothmer einen Brief an den neuen Münchner Oberbürgermeister Karl Scharnagl. Sie berichtet ihm vom Schicksal des Paritätischen in Bayern: „Viele der ihm angehörenden Heime und Einrichtungen bestehen aber weiter fort und bedürfen mehr denn je der Zusammenfassung zwecks Beratung und Förderung in der Arbeit, Vertretung der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen und so fort“.<ref>Ebd.</ref> Die Bemühungen der Gräfin sind erfolgreich: Obwohl es den Paritätischen in Bayern offiziell gerade nicht gibt, wird ihm ein Sitz in der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege der Stadt zugesprochen.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 21.9.1945.</ref> Auch die amerikanische Militärregierung hat nichts dagegen, dass der Paritätische in Bayern seine Arbeit wieder aufnimmt.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678.</ref>
Weil so viel durch den Krieg zerstört wurde, ist es schwierig, von einer Stadt in die andere zu kommen. Deswegen soll der „Wiederaufbau“ des Paritätischen in Bayern zuerst in München stattfinden.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Julie Gräfin Bothmer an Karl Scharnagl, 24.7.1945.</ref> Am 24. Juli schreibt Gräfin Bothmer einen Brief an den neuen Münchner Oberbürgermeister Karl Scharnagl. Sie berichtet ihm vom Schicksal des Paritätischen in Bayern: „Viele der ihm angehörenden Heime und Einrichtungen bestehen aber weiter fort und bedürfen mehr denn je der Zusammenfassung zwecks Beratung und Förderung in der Arbeit, Vertretung der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen und so fort“.<ref>Ebd.</ref> Die Bemühungen der Gräfin sind erfolgreich: Obwohl es den Paritätischen in Bayern offiziell gerade nicht gibt, wird ihm ein Sitz in der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege der Stadt zugesprochen.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 21.9.1945.</ref> Auch die amerikanische Militärregierung hat nichts dagegen, dass der Paritätische in Bayern seine Arbeit wieder aufnimmt.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678.</ref>
 
Im November ist ein neuer Vorsitzender für den Verband gefunden: Der ehemalige Rechtsanwalt und Rechtshistoriker Rudolf Düll. Eine Verbindung zum Paritätischen hat er nicht. Er interessiert sich aber für Fürsorge.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 16.11.1945.</ref> Zeit hat er auch, denn seine Karriere als Universitätsprofessor ist von der NSDAP gestoppt worden – wegen „seiner aufrechten Haltung während [...] des NS-Regimes“, heißt es.<ref>Nörr, Dieter: In memoriam. Rudolf Düll (1887-1979), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (1980) Heft 1, S. 544.</ref>


==Der Neustart in der Praxis==
Im November ist ein neuer Vorsitzender für den Verband gefunden: Der ehemalige Rechtsanwalt und Rechtshistoriker Rudolf Düll. Eine Verbindung zum Paritätischen hat er nicht. Er interessiert sich aber für Fürsorge.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 16.11.1945.</ref> Zeit hat er auch, denn seine Karriere als Universitätsprofessor ist von der NSDAP gestoppt worden – wegen „seiner aufrechten Haltung“, heißt es.<ref>Nörr, Dieter: In memoriam. Rudolf Düll (1887-1979), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (1980) Heft 1, S. 544.</ref>


Die praktische Arbeit beim Wiederaufbau übernimmt vor allem die Zweite Vorsitzende des Verbands, [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]]. Sie erstattet der US-amerikanischen Militärverwaltung regelmäßig Bericht über die Verbandsarbeit. Die Berichte tragen den Stempel: „Paritätischer Wohlfahrtsverband München“.<ref>BayHStA, OMGB 10/050-2/015, Statistical and Narrative Reports on Foreign Supplies - Paritätischer Wohlfahrtsverband, 1946.</ref> Ehemalige Mitgliedsorganisationen strömen zurück in den Verband. Viele haben ähnliche Erfahrungen während des Nationalsozialismus gemacht. Sie möchten ihre Arbeit jetzt gemeinsam wieder aufnehmen.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 16.11.1945.</ref> Schon im Oktober 1947 kann berichtet werden: „Heute umfasst der Verband in Bayern Heime und Anstalten mit ungefähr 3000 Betten. [...] Es befinden sich darunter Kinder-Erziehungs- und Erholungsheime, Wohnheime für Jugendliche, Altersheime, Blindenheime, Entbindungsanstalten etc. auch Wohnheime für Studierende an den Hochschulen. Zu den weiteren fürsorgerischen Arbeiten gehört die Betreuung von Flüchtlings- und ähnlichen Lagern.“<ref>BayHStA, OMGB 10/115-2/003, Bericht des PWV über seine Arbeit, 24.10.1947.</ref> Der Wiederaufbau läuft auf Hochtouren.
==Der gelebte Neustart==
[[Datei:Plakat 1948.jpg|400px|mini|rechts|<center>Im Herbst 1948 organisiert der Paritätische in Bayern gemeinsam mit anderen Wohlfahrtsverbänden eine Spendensammlung. Der Aufruf gibt einen Einblick in die Probleme in Bayern in der Nachkriegszeit und zeigt, warum der Paritätische dringend gebraucht wird.<ref>StdA Nürnberg, A 28 Nr. 1948_0756, Aufruf verschiedener Hilfswerke in Bayern zugunsten der Kleinrentner und Kleinsparer, der Heimatvertriebenen und total Fliegergeschädigten, der Kriegsheimkehrern und den Opfern der Ludwigshafener Explosionskatastrophe vom 28.7.1948, 1948.</ref></center>]]
Die praktische Arbeit beim Wiederaufbau übernimmt vor allem die Zweite Vorsitzende des Verbands, [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]]. Sie erstattet der US-amerikanischen Militärverwaltung regelmäßig Bericht über die Verbandsarbeit. Die Berichte tragen den Stempel: „Paritätischer Wohlfahrtsverband München“.<ref>BayHStA, OMGB 10/050-2/015, Statistical and Narrative Reports on Foreign Supplies - Paritätischer Wohlfahrtsverband, 1946.</ref> Ehemalige Mitgliedsorganisationen strömen zurück in den Verband. Sie möchten ihre Arbeit jetzt gemeinsam wieder aufnehmen.<ref>Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 16.11.1945.</ref> Schon im Oktober 1947 kann berichtet werden: „Heute umfasst der Verband in Bayern Heime und Anstalten mit ungefähr 3000 Betten [in seinen Mitgliedsorganisationen]. [...] Es befinden sich darunter Kinder-Erziehungs- und Erholungsheime, Wohnheime für Jugendliche, Altersheime, Blindenheime, Entbindungsanstalten etc. auch Wohnheime für Studierende an den Hochschulen. Zu den weiteren fürsorgerischen Arbeiten gehört die Betreuung von Flüchtlings- und ähnlichen Lagern.“<ref>BayHStA, OMGB 10/115-2/003, Bericht des PWV über seine Arbeit, 24.10.1947.</ref> Der Wiederaufbau läuft auf Hochtouren.


Aber der Verband hat kein Geld und keine eigenen Räume. Die meisten seiner Unterlagen sind während des Krieges verbrannt.<ref>Vgl. BayHStA, OMGB 10/115-2/003, Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Juli 1946.</ref> Der ''Verein für Fraueninteressen'' hilft aus. Später wird es heißen: „Es dürfte kaum möglich sein, zu entscheiden, zu welchen Teilen die Bürokosten [...] vor 1948 dem Verein, und in welcher Höhe sie dem [Paritätischen Wohlfahrtsverband] PWV zuzuschreiben waren. Die Arbeit war damals so eng verflochten und wurde so sehr als ''eine'' Arbeit gesehen, dass Erörterungen darüber auch gar nicht stattfanden.“<ref>IfZ, ED 898/678, o. T. u. A.</ref> Verein und Verband arbeiten gemeinsam unter einem Dach – genau wie vor der Zeit des Nationalsozialismus. Das ist nicht immer einfach: Der Platz in den Büroräumen in der Aldringenstraße ist begrenzt. Wenn der Paritätische eine Sitzung abhalten möchte, muss er damit bis zum Abend warten. Dann ist die Arbeit des Vereins für Fraueninteressen beendet und es gibt genug Platz.<ref>IfZ, ED 898/678, o. T. u. A.</ref>
Aber der Verband hat kein Geld und keine eigenen Räume. Die meisten seiner Unterlagen sind während des Krieges durch alliierte Bombenangriffe verbrannt.<ref>Vgl. BayHStA, OMGB 10/115-2/003, Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Juli 1946.</ref> Der ''Verein für Fraueninteressen'' hilft aus. Später wird es heißen: „Es dürfte kaum möglich sein, zu entscheiden, zu welchen Teilen die Bürokosten [...] vor 1948 dem Verein, und in welcher Höhe sie dem [Paritätischen Wohlfahrtsverband] PWV zuzuschreiben waren. Die Arbeit war damals so eng verflochten und wurde so sehr als ''eine'' Arbeit gesehen, dass Erörterungen darüber auch gar nicht stattfanden.“<ref>IfZ, ED 898/678, o. T. u. A.</ref> Verein und Verband arbeiten gemeinsam unter einem Dach – genau wie vor der Zeit des Nationalsozialismus. Das ist nicht immer einfach: Der Platz in den Büroräumen in der Aldringenstraße ist begrenzt. Wenn der Paritätische eine Sitzung abhalten möchte, muss er damit bis zum Abend warten. Dann ist die Arbeit des ''Vereins für Fraueninteressen'' beendet und es gibt genug Platz.<ref>IfZ, ED 898/678, o. T. u. A.</ref>


==Auch über Bayern hinaus==
==Entwicklung, auch über Bayern hinaus==


Am 30. Juli 1948 findet in der Gaststätte Holzmüller in der Augustenstraße 10 in München eine Versammlung statt. Geleitet wird sie von Rudolf Düll. Endlich ist es so weit: Der Paritätische in Bayern wird offiziell wieder gegründet. 20 Mitgliedsorganisationen sind anwesend.<ref>Vgl. Zeitler, Klaus: Wer hilft, hat recht, in: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V. (Hg.): Festreden. 40 Jahre DPWV in Bayern, München 1989, S. 8 f.</ref> Obwohl der Verband schon seit drei Jahren wieder unter seinem alten Namen arbeitet, wird die Vereinsgründung als besonderes Ereignis gefeiert: In den folgenden Jahrzehnten wird es dieses Datum sein, auf das der Verband seine Jubiläumsfeiern bezieht.<ref>Vgl. bspw. ebd.</ref>
Am 30. Juli 1948 findet in der Gaststätte Holzmüller in der Augustenstraße 10 in München eine Versammlung statt. Geleitet wird sie von Rudolf Düll. Endlich ist es so weit: Der Paritätische in Bayern wird offiziell wieder gegründet. 20 Mitgliedsorganisationen sind anwesend.<ref>Vgl. Zeitler, Klaus: Wer hilft, hat recht, in: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V. (Hg.): Festreden. 40 Jahre DPWV in Bayern, München 1989, S. 8 f.</ref> An der Spitze des Verbands stehen Menschen, die sich dem Nationalsozialismus nicht angepasst haben. Obwohl der Verband schon seit drei Jahren wieder unter seinem alten Namen arbeitet, wird die Vereinsgründung als besonderes Ereignis gefeiert: In den folgenden Jahrzehnten wird es dieses Datum sein, auf das der Verband seine Jubiläumsfeiern bezieht.<ref>Vgl. bspw. ebd.</ref>


Auch über die Grenzen Bayerns hinaus formiert sich wieder ein Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband: Am 2. April 1948 haben sich die Paritätischen Wohlfahrtsverbände aus dem von den USA verwalteten Teil Deutschlands zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Bald kommen auch die Verbände der englischen und der französischen Zone dazu.<ref>Vgl. Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Hg.): Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes E. V. am 7. Und 8. Oktober 1949 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1949, S. 25.</ref> Im Oktober 1949 findet die offizielle Gründung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands statt. Der Verband bekommt einen sechsköpfigen Vorstand. Zu dem gehört auch [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]].<ref>Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, S. 28.</ref> Damit ist wieder eine Frau aus Bayern in den vordersten Reihen des Gesamtverbands vertreten – wie schon in den 1920er Jahren. Anna Heim-Pohlmann wird für viele Jahre eine wichtige Figur im Gesamtverband und im Paritätischen in Bayern bleiben.
Auch über die Grenzen Bayerns hinaus formiert sich wieder ein Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband: Am 2. April 1948 haben sich die Paritätischen Wohlfahrtsverbände aus dem von den USA verwalteten Teil Deutschlands zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Bald kommen auch die Verbände der englischen und der französischen Zone dazu.<ref>Vgl. Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Hg.): Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes E. V. am 7. Und 8. Oktober 1949 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1949, S. 25.</ref> Im Oktober 1949 findet die offizielle Gründung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands statt. Der Verband bekommt einen sechsköpfigen Vorstand. Zu dem gehört auch [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]].<ref>Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, S. 28.</ref> Damit ist wieder eine Frau aus Bayern in den vordersten Reihen des Gesamtverbands vertreten – wie schon in den 1920er Jahren. Anna Heim-Pohlmann wird für viele Jahre eine wichtige Figur im Gesamtverband und im Paritätischen in Bayern bleiben.
 
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In Bayern stehen Menschen an der Spitze des Paritätischen, die sich dem Nationalsozialismus nicht angepasst haben. Im Gesamtverband ist das anders. Er wird in den nächsten Jahrzehnten von Männern dominiert werden, die sich zum Teil persönlich schuldig gemacht haben. Sie sind zum Beispiel für den Mord von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen mitverantwortlich.<ref>Ein Beispiel hierfür ist Karl Mailänder, u. a. stellvertretender Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands 1949—1959. Zu Mailänders Beteiligung an NS-Verbrechen vgl. Stöckle, Thomas: Grafeneck 1940. "Euthanasie"-Verbrechen in Südwestdeutschland, Tübingen 2020, insb. S. 91—106.</ref> Das ist zu dieser Zeit nicht öffentlich bekannt.<ref>Karl Mailänder wurde im Entnazifizierungsverfahren nach mehreren Revisionen als Mitläufer eingestuft. Vgl. Stingele, Harald: Karl Mailänder. Fürsorgebeamter, Schreibtischtäter und Bundesverdienstkreuzträger, in: Abmayr, Hermann G. (Hg.): Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer bis zum Massenmörder, Stuttgart 2009, S. 96.</ref> Der Paritätische in Bayern stellt keine eigenen Nachforschungen an. Der Verband konzentriert sich darauf, den Wiederaufbau voranzutreiben.
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1958 vollendet der Paritätische in Bayern den Bau des ersten <i>Altersheims für geistig Schaffende</i> in Pullach im Isartal. Es ist das erste große eigene Projekt des Verbands seit seiner Wiedergründung. Im Oktober 1959 stellt der Bayerische Rundfunk diese besondere Einrichtung und ihre Bewohner*innen in einem Fernsehbeitrag vor. Später werden hier auch Menschen ihren Lebensabend verbringen, die selbst am Wiederaufbau des Verbands beteiligt waren, darunter [[Die treibende Kraft: Anna Heim-Pohlmann|Anna Heim-Pohlmann]].</center>


==Quellen und Literatur==
==Quellen und Literatur==
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*Bayerisches Hauptstaatsarchiv, OMGB 10/050-2/015, Statistical and Narrative Reports on Foreign Supplies - Paritätischer Wohlfahrtsverband, 1946.
*Bayerisches Hauptstaatsarchiv, OMGB 10/050-2/015, Statistical and Narrative Reports on Foreign Supplies - Paritätischer Wohlfahrtsverband, 1946.
*Bayerisches Hauptstaatsarchiv, OMGB 10/115-2/003, Bericht des PWV über seine Arbeit, 24.10.1947.
*Bayerisches Hauptstaatsarchiv, OMGB 10/115-2/003, Bericht des PWV über seine Arbeit, 24.10.1947.
*Stingele, Harald: Karl Mailänder. Fürsorgebeamter, Schreibtischtäter und Bundesverdienstkreuzträger, in: Abmayr, Hermann G. (Hg.): Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer bis zum Massenmörder, Stuttgart 2009, S. 90-99.
*Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-PETT1-1361, Isartorplatz, 10.1.1929, [https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/deed.de CC BY-ND 4.0 DEED].
*Stöckle, Thomas: Grafeneck 1940. "Euthanasie"-Verbrechen in Südwestdeutschland, Tübingen 2020.
*Stadtarchiv Nürnberg, A 28 Nr. 1948_0756, Aufruf verschiedener Hilfswerke in Bayern zugunsten der Kleinrentner und Kleinsparer, der Heimatvertriebenen und total Fliegergeschädigten, der Kriegsheimkehrern und den Opfern der Ludwigshafener Explosionskatastrophe vom 28.7.1948, 1948.  
*Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Hg.): Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes E. V. am 7. und 8. Oktober 1949 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1949.
*Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Hg.): Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes E. V. am 7. und 8. Oktober 1949 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1949.
*Zeitler, Klaus: Wer hilft, hat recht, in: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V. (Hg.): Festreden. 40 Jahre DPWV in Bayern, München 1989, S. 7-16.
*Zeitler, Klaus: Wer hilft, hat recht, in: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V. (Hg.): Festreden. 40 Jahre DPWV in Bayern, München 1989, S. 7-16.
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'''Literatur'''
'''Literatur'''
*Nörr, Dieter: In memoriam. Rudolf Düll (1887-1979), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (1980) Heft 1, S. 543-552.
*Nörr, Dieter: In memoriam. Rudolf Düll (1887-1979), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (1980) Heft 1, S. 543-552.
*Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994.
*Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994.
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==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==

Aktuelle Version vom 15. Oktober 2024, 16:36 Uhr

Den Paritätischen in Bayern gibt es 10 Jahre lang, bevor er im Nationalsozialismus aufgelöst wird. Nach Kriegsende kann die Arbeit des Verbands sofort wieder aufgenommen werden. Zu verdanken ist das vor allem den engagierten Frauen des Vereins für Fraueninteressen.

Erneuter Anfangspunkt: Der Münchner Verein für Fraueninteressen

8. Mai 1945: Die Wehrmacht hat kapituliert, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Bayern wird vorerst vom US-amerikanischen Militär verwaltet. Für den Verein für Fraueninteressen bedeutet das: Die Arbeit kann endlich weitergehen. Der Verein wurde im Nationalsozialismus nicht aufgelöst. Ihm wurden aber alle seine sozialen Einrichtungen entzogen.[1] Der Verein ist für seine Mitglieder nur noch „eine letzte geistige Zuflucht gewesen [...], in deren Schutz man sich durch offene Aussprache das Herz erleichtern konnte“.[2] Politische oder fürsorgliche Arbeit hat er nicht leisten dürfen. Der einzige Vorteil daran: In dieser Zeit wurde kein Geld ausgegeben. Die Einnahmen der Milchkioske, die der Verein betreibt, wurden über viele Jahre angespart.[3]


In seinen sogenannten Milchkiosken verkauft der Verein für Fraueninteressen Milch und Buttermilch in Gläsern, Kakao, Kaffee, Tee, Joghurt, Butterbrote, Würstchen, Pudding, Waffeln und Eiscreme.[4] Das ist eine wichtige Einnahmequelle für den Verein. Dieses Foto zeigt seinen Milchkiosk am Isartorplatz im Januar 1929.[5]


Mit dem Ende des Nationalsozialismus steht im Verein für Fraueninteressen ein Führungswechsel an. Zehn Jahre lang war Gisela Mauermayer-Schmidt Vorsitzende. Gleichzeitig war sie Mitglied der NSDAP. Das hat dazu beigetragen, dass der Verein nicht aufgelöst wurde.[6] Erste und zweite Vorsitzende werden jetzt Julie Gräfin Bothmer und Anna Heim-Pohlmann.[7] Die beiden Frauen setzen sich sofort dafür ein, dass auch der Paritätische in Bayern seine Arbeit wieder aufnehmen kann. Die enge Verbindung zwischen dem Verein für Fraueninteressen und seinem Dachverband ist ungebrochen.

Der organisatorische Wiederaufbau beginnt

Weil so viel durch den Krieg zerstört wurde, ist es schwierig, von einer Stadt in die andere zu kommen. Deswegen soll der „Wiederaufbau“ des Paritätischen in Bayern zuerst in München stattfinden.[8] Am 24. Juli schreibt Gräfin Bothmer einen Brief an den neuen Münchner Oberbürgermeister Karl Scharnagl. Sie berichtet ihm vom Schicksal des Paritätischen in Bayern: „Viele der ihm angehörenden Heime und Einrichtungen bestehen aber weiter fort und bedürfen mehr denn je der Zusammenfassung zwecks Beratung und Förderung in der Arbeit, Vertretung der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen und so fort“.[9] Die Bemühungen der Gräfin sind erfolgreich: Obwohl es den Paritätischen in Bayern offiziell gerade nicht gibt, wird ihm ein Sitz in der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege der Stadt zugesprochen.[10] Auch die amerikanische Militärregierung hat nichts dagegen, dass der Paritätische in Bayern seine Arbeit wieder aufnimmt.[11]

Im November ist ein neuer Vorsitzender für den Verband gefunden: Der ehemalige Rechtsanwalt und Rechtshistoriker Rudolf Düll. Eine Verbindung zum Paritätischen hat er nicht. Er interessiert sich aber für Fürsorge.[12] Zeit hat er auch, denn seine Karriere als Universitätsprofessor ist von der NSDAP gestoppt worden – wegen „seiner aufrechten Haltung“, heißt es.[13]

Der gelebte Neustart

Im Herbst 1948 organisiert der Paritätische in Bayern gemeinsam mit anderen Wohlfahrtsverbänden eine Spendensammlung. Der Aufruf gibt einen Einblick in die Probleme in Bayern in der Nachkriegszeit und zeigt, warum der Paritätische dringend gebraucht wird.[14]

Die praktische Arbeit beim Wiederaufbau übernimmt vor allem die Zweite Vorsitzende des Verbands, Anna Heim-Pohlmann. Sie erstattet der US-amerikanischen Militärverwaltung regelmäßig Bericht über die Verbandsarbeit. Die Berichte tragen den Stempel: „Paritätischer Wohlfahrtsverband München“.[15] Ehemalige Mitgliedsorganisationen strömen zurück in den Verband. Sie möchten ihre Arbeit jetzt gemeinsam wieder aufnehmen.[16] Schon im Oktober 1947 kann berichtet werden: „Heute umfasst der Verband in Bayern Heime und Anstalten mit ungefähr 3000 Betten [in seinen Mitgliedsorganisationen]. [...] Es befinden sich darunter Kinder-Erziehungs- und Erholungsheime, Wohnheime für Jugendliche, Altersheime, Blindenheime, Entbindungsanstalten etc. auch Wohnheime für Studierende an den Hochschulen. Zu den weiteren fürsorgerischen Arbeiten gehört die Betreuung von Flüchtlings- und ähnlichen Lagern.“[17] Der Wiederaufbau läuft auf Hochtouren.

Aber der Verband hat kein Geld und keine eigenen Räume. Die meisten seiner Unterlagen sind während des Krieges durch alliierte Bombenangriffe verbrannt.[18] Der Verein für Fraueninteressen hilft aus. Später wird es heißen: „Es dürfte kaum möglich sein, zu entscheiden, zu welchen Teilen die Bürokosten [...] vor 1948 dem Verein, und in welcher Höhe sie dem [Paritätischen Wohlfahrtsverband] PWV zuzuschreiben waren. Die Arbeit war damals so eng verflochten und wurde so sehr als eine Arbeit gesehen, dass Erörterungen darüber auch gar nicht stattfanden.“[19] Verein und Verband arbeiten gemeinsam unter einem Dach – genau wie vor der Zeit des Nationalsozialismus. Das ist nicht immer einfach: Der Platz in den Büroräumen in der Aldringenstraße ist begrenzt. Wenn der Paritätische eine Sitzung abhalten möchte, muss er damit bis zum Abend warten. Dann ist die Arbeit des Vereins für Fraueninteressen beendet und es gibt genug Platz.[20]

Entwicklung, auch über Bayern hinaus

Am 30. Juli 1948 findet in der Gaststätte Holzmüller in der Augustenstraße 10 in München eine Versammlung statt. Geleitet wird sie von Rudolf Düll. Endlich ist es so weit: Der Paritätische in Bayern wird offiziell wieder gegründet. 20 Mitgliedsorganisationen sind anwesend.[21] An der Spitze des Verbands stehen Menschen, die sich dem Nationalsozialismus nicht angepasst haben. Obwohl der Verband schon seit drei Jahren wieder unter seinem alten Namen arbeitet, wird die Vereinsgründung als besonderes Ereignis gefeiert: In den folgenden Jahrzehnten wird es dieses Datum sein, auf das der Verband seine Jubiläumsfeiern bezieht.[22]

Auch über die Grenzen Bayerns hinaus formiert sich wieder ein Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband: Am 2. April 1948 haben sich die Paritätischen Wohlfahrtsverbände aus dem von den USA verwalteten Teil Deutschlands zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Bald kommen auch die Verbände der englischen und der französischen Zone dazu.[23] Im Oktober 1949 findet die offizielle Gründung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands statt. Der Verband bekommt einen sechsköpfigen Vorstand. Zu dem gehört auch Anna Heim-Pohlmann.[24] Damit ist wieder eine Frau aus Bayern in den vordersten Reihen des Gesamtverbands vertreten – wie schon in den 1920er Jahren. Anna Heim-Pohlmann wird für viele Jahre eine wichtige Figur im Gesamtverband und im Paritätischen in Bayern bleiben.


1958 vollendet der Paritätische in Bayern den Bau des ersten Altersheims für geistig Schaffende in Pullach im Isartal. Es ist das erste große eigene Projekt des Verbands seit seiner Wiedergründung. Im Oktober 1959 stellt der Bayerische Rundfunk diese besondere Einrichtung und ihre Bewohner*innen in einem Fernsehbeitrag vor. Später werden hier auch Menschen ihren Lebensabend verbringen, die selbst am Wiederaufbau des Verbands beteiligt waren, darunter Anna Heim-Pohlmann.

Quellen und Literatur

Quellen

  • Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, ED 898/678, Archiv des Vereins für Fraueninteressen, DPWV, LV Bayern, Teil 2, bis 1946.
  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv, OMGB 10/050-2/015, Statistical and Narrative Reports on Foreign Supplies - Paritätischer Wohlfahrtsverband, 1946.
  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv, OMGB 10/115-2/003, Bericht des PWV über seine Arbeit, 24.10.1947.
  • Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-PETT1-1361, Isartorplatz, 10.1.1929, CC BY-ND 4.0 DEED.
  • Stadtarchiv Nürnberg, A 28 Nr. 1948_0756, Aufruf verschiedener Hilfswerke in Bayern zugunsten der Kleinrentner und Kleinsparer, der Heimatvertriebenen und total Fliegergeschädigten, der Kriegsheimkehrern und den Opfern der Ludwigshafener Explosionskatastrophe vom 28.7.1948, 1948.
  • Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Hg.): Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes E. V. am 7. und 8. Oktober 1949 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1949.
  • Zeitler, Klaus: Wer hilft, hat recht, in: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V. (Hg.): Festreden. 40 Jahre DPWV in Bayern, München 1989, S. 7-16.

Literatur

  • Nörr, Dieter: In memoriam. Rudolf Düll (1887-1979), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (1980) Heft 1, S. 543-552.
  • Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994, S. 63 f.
  2. Im Original „in dessen Schutz“, s. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 64.
  3. Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 85.
  4. Vgl. IfZ, ED 898/585, Archiv des Vereins für Fraueninteressen, Korrespondenz vor 1945, Teil 1, 1933-1936, Jahresbericht des Vereins für Fraueninteressen und Frauenarbeit E.V. München 1. Oktober 1932 bis 30 September 1933, S. 9.
  5. StdA München, DE-1992-FS-NL-PETT1-1361, Isartorplatz, 10.1.1929, CC BY-ND 4.0 DEED.
  6. Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 63.
  7. Vgl. 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, S. 65.
  8. Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Julie Gräfin Bothmer an Karl Scharnagl, 24.7.1945.
  9. Ebd.
  10. Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 21.9.1945.
  11. Vgl. IfZ, ED 898/678.
  12. Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 16.11.1945.
  13. Nörr, Dieter: In memoriam. Rudolf Düll (1887-1979), in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (1980) Heft 1, S. 544.
  14. StdA Nürnberg, A 28 Nr. 1948_0756, Aufruf verschiedener Hilfswerke in Bayern zugunsten der Kleinrentner und Kleinsparer, der Heimatvertriebenen und total Fliegergeschädigten, der Kriegsheimkehrern und den Opfern der Ludwigshafener Explosionskatastrophe vom 28.7.1948, 1948.
  15. BayHStA, OMGB 10/050-2/015, Statistical and Narrative Reports on Foreign Supplies - Paritätischer Wohlfahrtsverband, 1946.
  16. Vgl. IfZ, ED 898/678, Schreiben von Karola Lutz an Gisela Mauermayer-Schmidt, 16.11.1945.
  17. BayHStA, OMGB 10/115-2/003, Bericht des PWV über seine Arbeit, 24.10.1947.
  18. Vgl. BayHStA, OMGB 10/115-2/003, Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Juli 1946.
  19. IfZ, ED 898/678, o. T. u. A.
  20. IfZ, ED 898/678, o. T. u. A.
  21. Vgl. Zeitler, Klaus: Wer hilft, hat recht, in: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V. (Hg.): Festreden. 40 Jahre DPWV in Bayern, München 1989, S. 8 f.
  22. Vgl. bspw. ebd.
  23. Vgl. Vorstand des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Hg.): Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes E. V. am 7. Und 8. Oktober 1949 in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1949, S. 25.
  24. Die Wiedererstehung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, S. 28.

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