Knapp 20 Jahre lang im Einsatz für Regensburger Freiwillige: Ursula Bablok
Von 1998 bis 2018 arbeitet die Pädagogin Ursula Bablok unermüdlich daran, dass Menschen ein für sie passendes Ehrenamt finden. Damit kann sie viel bewirken – in Regensburg und darüber hinaus. Mit ihrem persönlichen Einsatz hilft sie dabei, freiwilligem Engagement einen neuen Stellenwert zu geben.
Ausgangspunkt Jobsuche
Regensburg 1998: Seit Jahren versucht Ursula Bablok wieder im Berufsleben Fuß zu fassen.[1] Vier Jahre lang hat die Diplompädagogin nach der Geburt ihrer Tochter zu Hause verbracht. Es ist die Zeit der sogenannten Ökonomisierung des Sozialen: Soziale Arbeit wird mehr und mehr nach marktwirtschaftlichen Prinzipien ausgerichtet. Um Kosten zu sparen, werden viele Vollzeitstellen abgebaut und durch Teilzeit- oder Minijobs ersetzt.[2] Die Stellensuche wird dadurch sehr erschwert.
Geboren wurde Ursula Bablok am 22. Juni 1955 in Tegernheim, einem kleinen Ort bei Regensburg. Eigentlich hatte sie Lehrerin an einer Sonderschule werden wollen. Ein Unfall hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Lange stehen kann sie seitdem nicht mehr. Menschen, die sozial benachteiligt sind, haben Ursula Bablok früh interessiert: Schon als Schülerin hat sie sich in Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen engagiert.
Gründung und Aufbau der FreiwilligenAgentur Regensburg
Zurück ins Jahr 1998: Ursula Bablok wendet sich an KISS, die Kontakt- und Informationsstelle Selbsthilfe in Regensburg. Deren Träger ist der Paritätische in Bayern. Für dessen Mitgliedsorganisationen hat Ursula Bablok schon gearbeitet. Margot Murr, die Leiterin von KISS, kann ihr keine Stelle anbieten. Aber sie hat von einem neuen Konzept gehört: Sogenannte Freiwilligen-Agenturen vermitteln Menschen in ein für sie passendes Ehrenamt. So etwas könnte Ursula Bablok doch in Regensburg aufbauen. Der Paritätische Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz unterstützt die Idee. Bald bezieht Ursula Bablok ein Büro in dessen Geschäftsstelle.
Als erstes muss Ursula Bablok ein Netzwerk aufbauen: Sie kontaktiert viele Organisationen in Regensburg und stellt ihnen das Konzept der Freiwilligenagentur vor. Unter dem Schlagwort „Bürgerschaftliches Engagement“ werden ab den 1990er Jahren viele Ideen entwickelt, mit denen Menschen dazu motiviert werden sollen, sich gesellschaftlich einzubringen. Manche befürchten, dass so bezahlte Arbeitsplätze eingespart werden sollen.[3] Ursula Bablok schafft von Anfang an klare Verhältnisse: Die FreiwilligenAgentur Regensburg soll gleichermaßen ein Service für die beschäftigenden Organisationen und die Freiwilligen sein. Deshalb definiert sie für beide Seiten klare Anforderungen. Besonders wichtig ist ihr, dass die Freiwilligen und ihre Arbeit wertgeschätzt werden.
In München gibt es seit 1980 eine Freiwilligenagentur unter dem Dach des Paritätischen in Bayern: Die Münchner Helfer Information (MHI) war die erste Freiwilligenagentur in Deutschland. Ihr Träger ist der Verein für Fraueninteressen.[4] Ab 1998 heißt die MHI Freiwilligen-Agentur Tatendrang.[5] Die bayerischen Freiwilligenagenturen vernetzen sich bald. Sie gründen die lagfa, die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen in Bayern. Ursula Bablok ist Mitbegründerin und wird schließlich zur Sprecherin der lagfa gewählt. Das Konzept der Freiwilligenagenturen breitet sich aus.
Anerkennung und Abschied
Vom Paritätischen Landesverband in München wird die FreiwilligenAgentur Regensburg damals wenig wahrgenommen. Ursula Babloks Eindruck ist: Die FreiwilligenAgentur Regensburg wird toleriert, solange sie kein Geld kostet. Der Paritätische in Bayern kämpft zu dieser Zeit mit einer Krise. Währenddessen baut Ursula Bablok mit der FreiwilligenAgentur eigene Projekte auf, zum Beispiel YOUNGAGEMENT, das Schüler*innen ermöglicht, ein Ehrenamt auf Zeit zu übernehmen und so das Konzept kennenzulernen. Das Verhältnis zum Verband ändert sich 2010 mit der Vorständin Margit Berndl: „Freiwilliges Engagement ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Paritätischen. Das wirklich so auszusprechen und uns als wichtige Säule zu betrachten, verbinde ich mit der Person Frau Berndl. Die hat das ganz anders wahrgenommen, gesehen, beurteilt und dann auch gehandelt“, wird sich Ursula Bablok später erinnern.
Die FreiwilligenAgentur Regensburg entwickelt weitere preisgekrönte Projekte. Ursula Bablok wird zu einer gefragten Persönlichkeit in Regensburg. Die FreiwilligenAgentur Regensburg füllt große Teile ihres Lebens aus. Nur im Urlaub oder auf Wochenendtrips kann sie abschalten. Mit 63 Jahren setzt sich Ursula Bablok 2018 zur Ruhe. Zum Abschied wird sie noch einmal von vielen Wegbegleiter*innen gefeiert.
Quellen und Literatur
Quellen:
- Freiwilligen-Agentur TATENDRANG (Hg.): Unsere Geschichte (https://tatendrang.de/ueber-uns/, aufgerufen am 18.3.2024).
- Zeitzeuginnengespräch mit Ursula Bablok am 16. Januar 2024.
Literatur:
- Buestrich, Michael/Wohlfahrt, Norbert: Die Ökonomisierung der Sozialen Arbeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (2008) Heft 12/13, S. 17-24.
- Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994.
- Wendt, Wolf Rainer: Geschichte der Sozialen Arbeit Bd. 2. Die Profession im Wandel ihrer Verhältnisse, Stuttgart 2008.
Einzelnachweise
- ↑ Die folgenden Informationen und Zitate stammen, wenn nicht anders angegeben, aus einem Zeitzeuginnengespräch mit Ursula Bablok, geführt am 16. Januar 2024.
- ↑ Vgl. Buestrich, Michael/Wohlfahrt, Norbert: Die Ökonomisierung der Sozialen Arbeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (2008) Heft 12/13, S. 23.
- ↑ Vgl. Wendt, Wolf Rainer: Geschichte der Sozialen Arbeit Bd. 2. Die Profession im Wandel ihrer Verhältnisse, Stuttgart 2008, S. 365.
- ↑ Vgl. Verein für Fraueninteressen (Hg.): 100 Jahre Verein für Fraueninteressen, München 1994, S. 78.
- ↑ Vgl. Freiwilligen-Agentur TATENDRANG (Hg.): Unsere Geschichte (https://tatendrang.de/ueber-uns/, aufgerufen am 18.3.2024).
Debug data: